Lage, den 05.07.2002

 

 

 

Volkswagen Aktiengesellschaft
Der Vorstand
Berliner Ring 2
38440 Wolfsburg

 

 

 

Bitte um Stellungnahme

Mein Volkswagen Golf, Fahrgestell-Nr. 1J YD 15x xxx – Zulassung: 26.10.1999

 

 

 

Sehr geehrte Damen,

sehr geehrte Herren,

 

mit diesem Brief möchte ich Sie bitten, mir die Position des Vorstandes zur Qualität der Produkte im Volkswagenkonzern am konkreten Beispiel meines Fahrzeuges zu erläutern.

 

Hintergrund:

Am 21.10.1999 habe ich über meinen damaligen VW-Vertragshändler Steinberg OHG, Oerlinghausen meinen Volkswagen Golf zum Preis von EUR 31.519,99 bekommen, nachdem ich fast ein Jahr darauf gewartet habe (Vorvertrag Ende 1998, endgültiger Kaufvertrag am 21.07.1999).

 

Im Zeitraum 26.10.1999 – 25.10.2000 sind folgende Mängel aufgetreten, die alle im Rahmen der 1-jährigen Garantie zu meiner vollsten Zufriedenheit behoben worden sind:

-         Austausch Frontspoiler wegen loser Befestigung

-         Austausch Scharniere Fahrertür wegen Quietschen

-         Austausch Wickelfeder im Lenkrad wegen schleifenden Geräusches

-         Austausch Handschuhfach-Bremse wegen Funktionsuntüchtigkeit

-         Austausch Rückspiegel mit Regensensor wegen zusehends verschlechterter Funktion

-         Reparatur Funkfernbedienung wegen Funktionsuntüchtigkeit

Eine Achsvermessung wurde durchgeführt und entsprechende Einstellungen wurden vorgenommen, nachdem mir über einen längeren Zeitraum aufgefallen war, dass das Lenkrade bei Geradeausfahrt schief stand (Kosten: EUR 84,41). Zudem war es meinem VW-Vetragshändler über einige Monate nicht möglich, mir Winterräder in den Felgen-Dimensionen zu besorgen, die aufgrund der größeren Bremsscheiben notwendig waren. Die Winterräder waren somit erst am 21.01.2000 verfügbar (Kosten: EUR 1.001,29).


Im zweiten Jahr (26.10.2000 – 25.10.2001) ging es mit folgenden Mängeln weiter:

-         Austausch des Motorsteuergeräts im Rahmen einer Rückrufaktion

-         Defekt an der Geschwindigkeits-Regel-Anlage nach besagter Rückrufaktion

-         Austausch Frontscheibe wegen Glasbruch (Aussage Werkstatt-Meister: „Das hat sich halt verzogen, so etwas kommt öfter vor.“) Kosten von insgesamt EUR 477,24 entstanden mir bzw. meiner Versicherung.

-         Austausch des Fensterhebermotors auf der Fahrerseite nachdem die Scheibe in die Tür gefallen war und nicht wieder elektrisch nach oben zu bewegen war. Nach einer 70%igen Kulanzbeteiligung seitens Volkswagen hatte ich Kosten in Höhe von EUR 59,51 zu tragen.

-         Austausch des Fensterhebermotors auf der Beifahrerseite nachdem die Scheibe in die Tür gefallen war und nicht wieder elektrisch nach oben zu bewegen war. Nach einer 70%igen Kulanzbeteiligung seitens Volkswagen hatte ich Kosten in Höhe von EUR 56,53 zu tragen.

-         Austausch des Kraftstoffvorratgebers nachdem die Anzeige immer einen vollen Tank suggeriert hatte. Kosten (nach 70%iger Kulanzbeteiligung) für mich: EUR 96,08.

-         Austausch der hinteren Querlenker im Rahmen einer Rückrufaktion

 

Bis zu diesem Zeitpunkt sind 4 Mal die Standlicht-Glühlampen ausgetauscht worden, teilweise nach Ausbau der Batterie (Dauer: ca. 0,75 Std.). Kosten jedes Mal: EUR 6,73.

 

Im dritten Jahr (26.10.2001 – heute) kamen dann die „richtigen“ Reparaturen auf mich zu, von denen ich hier etwas detaillierter berichten möchte.

Obwohl das Fahrzeug nach dem sog. LongLife-Intervall zur Inspektion müsste, sind bis heute bereits 4 Ölwechsel und 3 Service-Termine laut Bordcomputer-Anzeige fällig gewesen und durchgeführt worden. Alle diese Inspektionen habe ich von einer VW-Vertragswerkstatt durchführen lassen.

Im April diesen Jahres kam der bisher größte „Brocken“ an Reparaturen auf mich zu, der eine nicht enden wollende Odyssee von Werkstattbesuchen hinter sich zog:

-         Do, 11.04.2002: Ich bleibe mit meinem Auto liegen (km-Laufleistung zu diesem Zeitpunkt: 66.500 km). Mitten in der Fahrt kommen Knallgeräusche aus dem Motorraum, das Fahrzeug ruckelt selbst beim Rollen im Leerlauf. Nach einem Anruf bei meiner VW Vertrags-Werkstatt (Autohaus Stegelmann GmbH & Co. KG, Detmold) werden ich und mein Auto abgeschleppt. Zunächst wird angenommen, dass es sich um einen Defekt an der Motoraufhängung handelt. Ich bekomme einen Leihwagen (Mobilitätsgarantie). Am Abend erhalte ich einen Anruf des Service-Meisters, im Getriebe ist ein Loch, aus dem Öl tropft. Scheinbar ist hier alles so defekt, dass das komplette Getriebe ausgetauscht werden muss. Ich könne mit einer 50%igen Kulanzbeteiligung von VW rechnen heißt es.

-         Mo, 15.04.2002: Ich rufe bei der Service-Hotline 0800-VOLKSWAGEN an und stelle einen Kulanzantrag auf volle Kostenübernahme.

-         Di, 16.04.2002: Mit dem Leihwagen fahre ich zur Hauptversammlung der Volkswagen AG nach Hamburg.

-         Fr, 19.04.2002: Ich bekomme mein repariertes Auto zurück.

-         Mo, 22.04.2002: Die Rechnung der Werkstatt kommt. 50% der EUR 4.642,04 werden kulanter Weise von VW übernommen.

-         Di, 23.04.2002: Vom Vertriebszentrum Nord-West kommt ein Brief mit der Absage von weiteren Kostenübernahmen.

-         Mi, 24.04.2002: In einem Schreiben an das VZ Nord-West versuche ich nochmals, mein Anliegen näher zu begründen und stelle nochmals den Antrag auf volle Übernahme der Kosten durch Volkswagen.


-         Mi, 08.05.2002: Da bisher noch keine Reaktion auf mein Schreiben vom 24.04.2002 erfolgt ist, rufe ich nochmals bei der Service-Hotline 0800-VOLKSWAGEN an und frage, wann ich mit einer Bearbeitung rechnen kann. Man sagt mir, dass 2-3 Wochen keine Seltenheit sind, bis eine Antwort eintrifft.

-         Do, 16.05.2002: Nochmalige Rückfrage bei der Service-Hotline. Eine Mitarbeiterin sagt mir, dass die Bearbeitung nun forciert werden soll.

-         Mi, 22.05.2002: Nochmalige Rückfrage bei der Service Hotline. Die Bearbeitung meines Schreibens vom 24.04.2002 soll wieder „forciert“ werden. Ich rufe direkt bei der zuständigen Mitarbeiterin im VZ Nord-West an, und sie sagt mir zu, sich die Fahrzeug-Akte nochmals vorzunehmen und eine Bearbeitung noch in dieser Woche vorzunehmen.

-         Sa, 25.05.2002: Aus Emsdetten erreicht mich ein Brief des VZ Nord-West, in dem nochmals darauf hingewiesen wird, dass die Garantie bereits 10/2000 abgelaufen sei. Nach Durchsicht der Akten und Rücksprache mit dem beteiligten Autohaus wurde jedoch eine Sonderregelung getroffen. Letzter Satz des Briefes: „In Kürze erhalten Sie eine weitere Gutschrift.“

-         Mi, 29.05.2002: Vom Autohaus Stegelmann erhalte ich eine Gutschrift über EUR 500,01

-         Do, 30.05.2002: Ich bezahle die restlichen EUR 1.821,01

-         Fr, 14.06.2002: Wegen eines „komischen“ Geräusches aus dem Motor, das ein Bekannter festgestellt hatte, als ich von seinem Hof fuhr, ist mein Auto wieder in der Werkstatt. Dieses Mal wird eine Kettenspanner-Rolle ausgetauscht, was jedoch keine Verbesserung bezüglich des Geräusches bringt. Man schlägt mir vor, sich die Sache genauer anzusehen. Dafür ist es jedoch notwendig, „den Motor auseinander zu nehmen“. Ein Termin für Mo, den 24.06.2002 wird festgehalten. Es ist von 3 Tagen die Rede, in denen ich wieder einen Leihwagen erhalten soll.

-         Di, 18.06.2002: Zum zweiten Mal innerhalb von 2 Monaten bleibe ich mit meinem Auto liegen. Dieses Mal meldet der Bordcomputer, dass die Kühlflüssigkeit zu heiß ist. Ich schalte den Motor aus, rufe in der Werkstatt an und warte bei 33°C Außentemperatur auf den Not-Abschleppdienst meines Autohauses, der auch nach 40 Minuten eintrifft. Wieder im Rahmen der Mobilitätsgarantie erhalte ich einen Leihwagen. Bei meinem Auto ist aus noch nicht bekannten Gründen die Sicherung des Kühler-Ventilators durchgebrannt was die erhöhte Kühlmittel-Temperatur zur Folge hatte. Im Zuge dieser Reparatur wird der für den 24.06. geplante Termin vorgezogen und alles „in einem Abwasch“ gemacht.

-         Mi, 19.06.2002: Ich spreche mit dem Vertriebsleiter des Autohauses, der mir dieses Mal eine für mich kostenfreie Reparatur zusichert, nachdem ich nochmals den bisherigen Werdegang der Reparatur-Odyssee erläutert habe und zum Ausdruck bringe, dass ich mittlerweile nicht mehr bereit bin, ständige Reparaturen zu zahlen.

-         Do, 27.06.2002: Nach 7 (Werk-)Tagen hole ich mein Auto aus der Werkstatt wieder ab. Das Geräusch ist verschwunden, allgemein läuft der Motor nun meinem subjektiven Empfinden nach um einiges ruhiger. Die Climatronic jedoch liefert keine gekühlte Luft sondern auch auf Einstellung „LO“ nur umgebungswarme.

-         Fr, 28.06.2002: Ich fahre wieder in die Werkstatt und bitte einen Service-Meister, sich meine Klimaanlage mal anzusehen. O-Ton: „Das ist ja wirklich nicht allzu kalt.“. Es sollen Einstellungen überprüft werden, worauf ich auch warten könnte. Da ich jedoch keine Zeit mehr habe, wird für den 01.07.2002 ein Termin vereinbart.


-         Mo, 01.07.2002: Morgens gebe ich mein Auto wieder in der Werkstatt ab und bereite mich darauf vor, 1/2 – 1 Stunde zu warten. Der Service-Meister meint jedoch nach kurzer Zeit, es könnte länger dauern und gibt mir einen Leihwagen mit. Am späten Nachmittag werde ich angerufen, ich könne mein Auto abholen. Auf dem Nachhauseweg funktioniert die Climatronic auch wieder wie gewohnt.

-         Di, 02.07.2002: Auf dem Weg zu meinem Auto wundere ich mich, dass die Funkfernbedienung nicht funkt(ioniert) und mein Auto sich nicht öffnen lässt. Auch nach manuellem Aufschließen lässt meine Verwunderung nicht nach, da alle Anzeigen tot sind, das Radio sich nicht einschalten lässt und das (Serien-) Telefon in der Mittelkonsole nicht aufgeladen wird. Ein Startversuch verläuft im Sande. Die Batterie ist komplett entladen. Nach einem Anruf in der Werkstatt kommt ein Mitarbeiter mit einem Abschleppwagen inkl. Leihwagen vorbei und lädt mein Auto – mal wieder – auf. Abends erhalte ich einen Anruf, dass irgendwo ein Verbraucher sitzt, der Strom zieht, es konnte jedoch noch nicht herausgefunden werden, wo.

 

Nun interessiert mich die Meinung des Vorstandes der Volkswagen AG, ob eine solche Fehlerhäufigkeit und dieser immens große Reparaturbedarf bei einem 2¾ Jahre alten Auto der Preisklasse > EUR 30.000,- normal ist. Insbesondere frage ich mich, ob Kosten von nahezu EUR 6.000,-innerhalb der ersten 3 Jahre keine Seltenheit sind?

 

Kann ich davon ausgehen, dass bei einem Phaeton für EUR 100.000,- auch mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 20% des Ursprungspreises gerechnet werden muss, ich also nochmals EUR 20.000,- „hineinstecken“ muss?

 

Den Anspruch einer Premium-Marke kann sich Volkswagen auf diesem Wege meiner Meinung nach nicht zueigen machen.

 

Ich war mir des hohen Wertverlustes eines Neuwagens von Anfang an bewusst. Mir war klar, dass in den ersten Jahren viel Geld verlieren werde, was den Restwert betrifft. Genauso klar war ich mir jedoch auch darüber, dass ein Volkswagen einen so guten Ruf hat, dass ich nach ca. 8 Jahren keine Probleme haben sollte, ein Fahrzeug dieses Weltkonzerns wieder zu verkaufen, um die nächste „Generation Golf“ zu fahren. So lange hatte ich mir eigentlich vorgestellt, mein jetziges Auto zu fahren. Dass ich aber bereits nach knapp 3 Jahren ca. EUR 20.000,- an Wertverlust verbuchen muss (die Reparaturen nicht mit eingerechnet), hätte ich nie erwartet. Und von „autofahren“ kann momentan nicht die Rede sein, obwohl ich mittlerweile viele Modelle des Konzerns als Ersatzwagen bewegen durfte. Momentan habe ich immer ein mulmiges Gefühl, wenn ich mich in einen Wagen der Marke VW setze und kein Handy dabei habe, um notfalls einen Abschleppdienst zu rufen.

 

Als Kunde fühle ich mich von VW sehr enttäuscht. Ich habe nicht ein Auto gekauft, um damit 2x pro Monat in der Werkstatt zu stehen. Was würde ein Personalchef im VW-Konzern zu einem Mitarbeiter sagen, der ständig anruft und sagt „Ich kann heute erst später oder gar nicht kommen, weil mein Auto erst in die Werkstatt geschleppt werden muss.“? Mein Chef jedenfalls lässt sich langsam auch entsprechende Antworten einfallen.

 

Meine Eltern hatten Jahr(zehnt)e lang ein Elektroinstallationsgeschäft. Wenn dort ein Kunde ein „Montagsmodell“ einer Waschmaschine erhalten hat, an dem nur Probleme auftraten, dann hat dieser Kunde eine neue Waschmaschine erhalten – egal, wie alt die Maschine war. Diesen Vergleich meiner Eltern finde ich sehr schön und wollte ihn an dieser Stelle einfach kommentarlos in den Raum stellen.


Den bisherigen Schriftwechsel mit dem Vertriebszentrum Nord-West GmbH & Co. KG füge ich diesem Schreiben in Kopie bei. Des weiteren lege ich zur weiteren Information eine Aufstellung der bisher für mich angefallenen Kosten bei.

 

In der Hoffnung auf eine klärende Antwort Ihrerseits verbleibe ich hochachtungsvoll und

 

mit freundlichem Gruß,

 

 

 

 

 

 

 

Anlagen

- Kopie des Briefes vom VZ Nord-West vom 22.04.2002

- Kopie des Briefes an das VZ Nord-West vom 24.04.2002

- Kopie des Briefes vom VZ Nord-West vom 24.05.2002

- Aufstellung Kosten seit 10/1999